Geborgenheit bis ins hohe Alter dank achtsamer Berührung

Es beginnt mit der einfachen, achtsamen Berührung. Mit Berührung, die nichts fordert und schlicht im Hier und Jetzt passiert.
Es ist die Berührungsqualität mit der wir im Shiatsu arbeiten und die gerade bei alten Menschen eine besondere Bedeutung gewinnt. «Im Altersheim werden die Menschen zwar bei der Pflege oft berührt. Doch die absichtslose Berührung im Shiatsu ist anders. Sie berührt sie nicht als Objekt, das gewaschen oder gebettet werden soll. Sie berührt sie als Menschen und ohne etwas von ihnen zu fordern. Diese shiatsuspezifische Berührungsqualität erinnert die alten Menschen an Berührungen aus ihrer Kind- heit, etwa durch ihre Eltern. Auf diese Weise regt Shiatsu das Langzeitgedächtnis an und kann so viele, sehr klare Erinnerungen freisetzen.

Shiatsu kann für alte Menschen jedoch nicht nur eine Brücke zurück zu ihren Erinnerungen bilden. Shiatsu kann auch unterstützend wirken, wenn es darum geht, sich mit dem Gegenwärtigen auseinanderzusetzen. Im Alter bedeutet das häufig Grenzen und nicht umkehrbare Einschränkungen und Schmerzen anerkennen und annehmen müssen.

DIE KRAFT DER MENTALEN AUSRICHTUNG

Die Frage ist wie immer im Shiatsu so auch im Zusammenhang mit alten Menschen die, an welche Ressourcen wir anknüpfen können. Bei eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten von alten Menschen können wir im Shiatsu unsere mentale Ausrichtung zur Mobilisation von Gelenken nutzen. «Wenn ich mich in ein Gelenk hineindenke und mir vorstelle, wie es aussieht und wie es sich bewegt, so kann ich Bewegung und Raum in diesem Gelenk schaffen, ohne es tatsächlich zu bewegen oder wenn doch nur minimalst. Interessant dabei ist, dass durch diese Art von Mobilisation das Nervensystem angeregt wird, so dass im Gehirn entsprechende Synapsen aktiviert werden. Mit anderen Worten: Es entsteht ein Gefühl von Bewegung, ohne dass physisch viel bewegt wird.

«Die Shiatsuspezifische Berührungsqualität erinnert alte Menschen
an Berührungen aus ihrer Kindheit.»

Um mit Ängsten arbeiten zu können, braucht es als Basis einen vertrauensvollen Rahmen, in dem ein Gefühl entstehen kann, dass es eine Lösung gibt. Ein Beispiel: Ein alter Mann atmet nur noch sehr schwer, da die Zwerchfellmuskeln nicht mehr richtig kontrahieren. Bei jedem Atemzug ringt er nach Luft. «So etwas kann Todesängste auslösen. Ich versuche dann einen Raumfür Vertrauen zu schaffen. Das mit dem Fokus, dass der Betroffene Luft schöpfen kann.» Oft hilft bei Ängsten auch, die Menschen zu erden und sie so zu beruhigen.

Die Füsse oder die Hände zu halten kann auch den Todeskampf erleichtern. Allerdings gibt es bei der Sterbebegleitung keine einfachen Rezepte. «Sterbebegleitung ist immer sehr individuell. Den Umgang mit diesem Thema kann man nicht vorausplanen»,
Uns selber hilft die Vorstellung, dass alles ein ewiger Kreislauf ist und alles, was ist, darin eingebettet ist.

Und vielleicht ist dies der Schlüssel im Umgang mit alten Menschen – das Bewusstsein, dass auch wir als Behandelnde in diesen Kreislauf eingebunden sind, nur dass wir gerade an einem anderen Ort stehen.

Quelle(Shiatsu-Journal)